Die Beesener Orgelstunde


Anlässlich des 90. Dienstjubiläums der Rühlmann-Orgel wurde im Jahr 2017 die Beesener Orgelstunde begründet. Von Mai bis Dezember finden einmal im Monat Orgelkonzerte statt, in denen die klangliche Vielfalt unserer Orgel erlebbar wird.

In den bisherigen Konzerten waren durchweg Darbietungen auf höchstem Niveau zu erleben. Unter anderem gastierten bereits namhafte Organisten wie Martin Stephan oder Irénée Peyrot an unserer Orgel.

Da das Instrument zuletzt 1988 überarbeitet und dabei leider auch klanglich verändert wurde, streben wir eine Generalüberholung und Rekonstruktion des ursprünglichen Zustandes der Orgel an. Die Konzerte finden ohne Eintritt statt. Die freiwilligen Kollekten aus den Konzerten kommen diesem Projekt zugute.

 

Gegen eine angemessene Spende zugunsten unserer Orgel besteht außerdem die Möglichkeit, private Orgelmusiken und Orgelführungen durchzuführen. Die baulichen Gegebenheiten unserer Orgel ermöglichen es, die Funktionsweise einer pneumatischen Orgel sowohl am Spieltisch als auch im Inneren der Orgel kennenzulernen.

 

Bei diesbezüglichem Interesse wenden Sie sich bitte an Christopher Wisniewski. 


Die Geschichte der Beesener Orgeln

I.

Orgeln in Beesen

 

Derzeit ältester Beleg für eine Orgel in der Elisabethkirche Halle-Beesen ist das bis heute erhaltene, reich verzierte Gehäuse der Orgel, welches wohl um 1725 entstanden ist als Werk von Johann Christian Trothe, der auch am Bau des Altars sowie der Taufe beteiligt war. Zu jener Zeit existierte allerdings nur der obere Bereich des Gehäuses. Das untere Pfeifenfeld ist höchstwahrscheinlich erst beim Bau der heutigen Orgel ergänzt worden.

 

Inwiefern schon vor 1725 eine Orgel vorhanden war, ist derzeit mangels Aufzeichnungen nicht klar. Da die Kirche in dieser Zeit erweitert wurde, kann es durchaus sein, dass zu jener Zeit erstmalig eine Orgel installiert wurde.

 

Verzeichnisse zum Inventar der Kirche aus dem frühen 19. Jahrhundert weisen regelmäßig “ein Orgelwerk mit einer Orgelbank“ aus.

 

Mitte des 19. Jahrhunderts begutachtet unter anderem Friedrich Wäldner, Orgelbauer aus Halle, das vorhandene Instrument: Eine Orgel mit immerhin 17 Registern, verteilt auf ein Manual und Pedal mit typisch barocker Disposition. Wäldner schlägt die Erweiterung der Orgel um ein zweites Manual und eine Veränderung der Disposition vor. Ob Wäldner letztendlich tatsächlich den Zuschlag für den Umbau der Orgel erhielt, ist derzeit mangels auffindbarer Unterlagen nicht gesichert.

  

II.

Bau der Rühlmann-Orgel

 

Das Zeitalter der Industrialisierung brachte auch im Orgelbau immense Fortschritte und eine enorme Steigerung der Zahlen an gefertigten Orgeln. Hier manifestierte sich der Begriff der “Fabrikorgel“.

So erhielten im ausgehenden 19. Jahrhundert bis Anfang des 20. Jahrhunderts nicht nur neue Kirchen neue Orgeln bzw alte, bedeutende Kirchen neue Orgeln, sondern auch viele Dorfkirchen ersetzen ihre alten Orgeln oder erhielten überhaupt erstmalig solch ein Instrument.

 

So entschied man sich 1927 auch in Beesen, die bisherige Orgel durch ein neues Instrument zu ersetzen.

 

Dieser Auftrag ging an die “Orgelbauanstalt Wilhelm Rühlmann“ aus Zörbig.  Bereits in den Jahren zuvor hatten sich die benachbarten Kirchen in Ammendorf und in Radewell Rühlmann-Orgeln geleistet. Die Zörbiger Orgelbaufirma war in Halle nicht unbekannt, stammten doch zahlreiche Instrumente in und um Halle von dieser Firma. Im Laufe des 20.Jahrhunderts, insbesondere zu DDR-Zeiten, sind allerdings zahlreiche Rühlmann-Orgeln verschwunden. Schon die großen Rühlmann-Orgeln in der Marktkirche oder der Ulrichskirche sind nicht erhalten. Viele weitere Rühlmann-Orgeln sind durch jahrelangen Verfall verschwunden oder wurden umgebaut, so wie die Beesener Orgel.

 

In Beesen baute Wilhelm Rühlmann jun. eine pneumatische Orgel mit zwölf Registern verteilt auf zwei Manuale und Pedal. Im zweiten Manual waren drei weitere Register geplant, die aus finanziellen Gründen nicht zur Ausführung gelangten. Die “blinden“ Vorrichtungen für diese Register sind heute am Spieltisch noch erkennbar. So ist das ursprüngliche Konzept unserer Orgel gar nicht zum Abschluss gelangt.

Die Beesener Orgel war noch stark der Romantik verpflichtet: klanglich wurde die Orgel dominiert  von grundtönigen Registern, Flöten und Streichern.

 

III.

Umbau der Rühlmann-Orgel

 

Zwischen 1980 und 1988 wurde die Elisabethkirche Halle-Beesen grundlegend saniert. Ein Unterfangen, ohne welches diese Kirche heute vielleicht nicht mehr existieren würde.

1988 kam dann auch die Rühlmann-Orgel auf den Plan. Zu jener Zeit war man der Auffassung, man könne mit der Orgel nichts anfangen und sie müsse umgebaut werden. Liest man den Schriftverkehr, so wird deutlich, dass es mehr darum ging, dass das romantische Klangbild nicht mehr gefiel und man die Orgel nun barockisieren wollte.

 

Orgelbaumeister Sperschneider aus Weimar wurde mit einem Gutachten beauftragt. Dieses Gutachten enthält die dringliche Empfehlung, die bis dato original erhaltene Orgel so zu belassen. Dieser Anregung wollte man jedoch nicht folgen, sodass Orgelbaumeister Sperschneider letztlich Entwürfe für einen Umbau vorlegt. Im Ergebnis wurden die typisch romantischen Register entfernt und vermeintlich barocke Register eingebaut.

 

IV.

Gegenwart

 

Im umgebauten Zustand von 1988 versieht die Orgel bis heute ihren Dienst. Das Instrument wird regelmäßig gewartet und gestimmt.

 

Die in den 1980er Jahren erfolgten Umbauten sind jedoch von der Fertigung und dem Klang her ungenügend, sodass hörbar ist, dass die Orgel in ihrer klanglichen Geschlossenheit gestört wurde. Ein Teil der Pfeifen aus den 1980er Jahren sackt zusammen und muss ersetzt werden.

 

Anlässlich des 90. Jubiläums der Orgel wurde 2017 die Reihe “Beesener Orgelstunde“ begründet. Nun kann man von Mai bis Dezember monatlich der Rühlmann-Orgel lauschen. Mit dieser Reihe werden erstmals nach über 20 Jahren wieder Orgelkonzerte im Süden von Halle angeboten. Mit den Kollekten aus den Konzerten soll die Orgel restauriert werden.

 

V.

Zukunft

 

Nach über 30 Jahren Nutzung muss die Orgel gereinigt werden. Dabei muss das gesamte Instrument demontiert werden. Dies will die Gemeinde mit einer Restaurierung der Orgel verbinden.  Darüber hinaus soll die Orgel um die ursprünglich geplanten, jedoch nicht gefertigten Register erweitert werden.

 

Die in der Vergangenheit eingeladenen Organisten bescheinigen insgesamt, dass die Orgel eine Restaurierung wert ist, da die vorhandene Original-Substanz immer noch eine gute Basis bietet, hier eine romantische Orgel zu rekonstruieren.